Die Doraus & Die Marinas "Geben offenherzige..."

Die Doraus und Die Marinas "Geben offenherzige Antworten auf brennende Fragen"

Die Musik: Auf seiner zweiten LP von 1983 macht Dorau weiter, wo er bei „Blumen und Narzissen“ aufgehört hatte: Ein Pop-Hit jagt den nächsten. Nur diesmal professionell und radiotauglich produziert.

Reissue im Digipak mit Linernotes von Carsten Friedrichs (Superpunk), seltenen Fotos und vier Bonustracks, allesamt erstmals auf CD.

Erhältlich als CD und als 180g-Vinyl.

Nach dem Erfolg seines Erstlings „Blumen und Narzissen“ mit dem Hit „Fred vom Jupiter“ sollte Andreas Dorau möglichst schnell ein Folgealbum herausbringen, befand seine neue Plattenfirma Teldec. Um die Wartezeit darauf zu verkürzen, nahm Dorau zunächst die Single „Kleines Stubenmädchen“ auf, eine flotte Nummer mit einem lustigen Text, professionell und radiotauglich produziert. Aber Dorau hatte die Rechnung ohne die empfindlichen Zensoren gemacht: Gnadenlos schlug der humorlose Sexismusdetektor der Radiosender Alarm.
Bei Teldec kam man daraufhin auf die bizarre Idee, Dorau möge doch bitte eine Kassette mit einer Entschuldigung bzw. einer Erläuterung besprechen. Diese könnten die Radiosender ja vor oder nach dem inkriminierten Song laufen lassen. Was hätte Dorau nicht alles auf die Kassette sprechen können, um das Lied ins rechte Licht zu rücken. Sogar auf die Freiheit der Kunst hätte er verweisen können. Aber – so viel Punk muss sein – selbstredend ließ sich Dorau nicht auf den Vorschlag ein. Woraufhin der Song dann auch nicht gespielt wurde. Schade. Teldec verlor dann die Lust an Dorau, und das Album kam bei CBS heraus – ohne das „Stubenmädchen“, versteht sich.
Doch es gab noch ein viel größeres Problem: Seit der Veröffentlichung von „Blumen und Narzissen“ hatte sich die musikalische Landschaft der Bundesrepublik verändert. Die großen Plattenfirmen hatten das, was Alfred Hilsberg einst wohlwollend Neue Deutsche Welle nannte (und dabei an Bands wie Fehlfarben, Der Plan, D.A.F. dachte), radikal kommerzialisiert. Sie modelten Rockbands zu New-Wave-Bands um, schrieben dummbatzige Titel und ließen diese von unbedarften Hampelmännern und -frauen singen. Man kann sich vorstellen, dass Dorau nicht gerade Freudensprünge gemacht hat, als er merkte, dass er mit den Hanswürsten in einen Topf geworfen werden würde.
Die Beziehung zwischen Dorau und seinem Zweitwerk war also von Anfang an getrübt. Und sie ist es bis heute. Dabei ist die Platte wirklich gut: Sie bietet psychedelische Texte wie etwa „Polizist“ „Sandkorn“ oder „Texas“ und schöne Alltagsbeobachtungen („Feierabend“), wobei die Musik zwischen schmissigem Pop, Bossa Nova, Exotica, Disco und New Wave mäandert. Überhaupt durchzieht das ganze Album, vom Cover über die Texte bis zur Instrumentierung, eine ganz eigene, milde Psychedelik. Natürlich liegen Welten zwischen „Die Doraus und Marinas geben offenherzige Antworten auf brennende Fragen“ und der „Idioten-NDW“. Aber das erklär mal Otto
Normalverbraucher.
Übrigens: „Kleines Stubenmädchen“ ist auf unserer Wiederveröffentlichung natürlich als Bonustrack enthalten.

Tracklisting:
1. Die Welt ist schlecht
2. Agent
3. Feierabend
4. Zu spät
5. Polizist
6. Guten Morgen
7. Großer Bär, kleiner Bär
8. Texas
9. Fatme
10. Satellit
11. Sandkorn

Bonus:
12. Die Welt ist schlecht (Dub)
13. Kleines Stubenmädchen
14. Katharina
15. Höllentingeltangel